Grüner Frauenbrunch: „Geschlechtersensible Medizin – Warum wir nicht gleich behandelt werden wollen“

Am vergangenen Samstag fand der alljährliche Frauenbrunch der GRÜNEN Mettmann unter dem Titel: „Geschlechtersensible Medizin – Warum wir nicht gleich behandelt werden wollen“ statt. Prof. Dr. Oertelt-Prigione führte als Expertin in das Thema ein und beantwortete im Anschluss Fragen. Sie ist Inhaberin eines Lehrstuhls für Gendermedizin an der Radboud-Universität in Nijmegen und hat zudem eine Professur für geschlechtersensible Medizin an der Universität Bielefeld inne. Anhand verschiedener Beispiele erläuterte Prof. Dr. Oertelt-Prigione, wie sich die Vernachlässigung des Geschlechts auf die medizinische Versorgung auswirkt. Viele Studien und Medikamententests werden nach wie vor ohne Berücksichtigung des Geschlechts und hauptsächlich an Männern durchgeführt. Dies hat zur Folge, dass Nebenwirkungen für Frauen häufig zu spät erkannt werden. Je nach Geschlecht zeigen Menschen auch andere Symptome. Herzinfarkte äußern sich bei Frauen beispielsweise auch durch Rückenschmerzen, Übelkeit und Müdigkeit. Krankheiten wie Osteoporose oder Autoimmunerkrankungen, die als typische Frauenkrankheiten gelten, werden hingegen bei Männern später diagnostiziert. Neben physischen Unterschieden zwischen den Geschlechtern muss schließlich auch die Interaktion mit dem sozialen Umfeld im medizinischen Kontext berücksichtigt werden. Verschiedene geschlechtsspezifische Rollenerwartungen und Normen können beeinflussen, wie ernst die Beschwerden von Patient*innen genommen werden und welche Therapie angeraten wird. Besonders eindrücklich für die Teilnehmerinnen war das Beispiel einer Gesundheits-App mit Chatbot. Bei den gleichen Symptomen (Schmerzen im linken Arm, Schweiß und Übelkeit) empfahl der Chatbot Männern den Notruf zu wählen, da eine Entzündung des Herzens oder ein Herzinfarkt vorliegen könnte, während er bei Frauen als Ursache eine Panikattacke oder Depression auflistete und riet, bei Andauern der Beschwerden eine*n Allgemeinmediziner*in aufzusuchen. Um allen Menschen eine geschlechtersensible Versorgung zu gewährleisten, arbeiten Prof. Dr. Oertelt-Prigione und ihre Kolleg*innen an der Möglichkeit entsprechende Zertifizierungen für Arztpraxen umzusetzen. Aber auch die Approbationsordnung für Mediziner*innen soll entsprechend ergänzt werden, damit alle Medizinstudiengänge in Deutschland entsprechende Kurse anbieten müssen. Das ernüchternde Fazit: Bis zu einer flächendeckenden gendersensiblen medizinischen Versorgung ist es noch ein weiter Weg.

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